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Hannover,

23. Oldenburger Ärztetag zum Thema „Neue Entwicklungen in der Geriatrie“

Geriatrische Versorgung mit Ansehen der Person: 23. Oldenburger Ärztetag der ÄKN-Bezirksstelle Oldenburg in Bad Zwischenahn: Im Mittelpunkt der ganztägigen Fortbildung stand die Altersmedizin.

Foto: Torsten von Reeken

Der Frage, wie sich ältere Menschen ambulant, in der Klinik oder auch in einer geriatrischen Reha gut versorgen lassen, widmete sich der 23. Oldenburger Ärztetag der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) am Samstag, 4. November 2023, in Bad Zwischenahn. Professor Dr. med. habil. Djordje Lazovic, Vorsitzender der die Fortbildung ausrichtenden Ärztekammer-Bezirksstelle in Oldenburg, und Professor Dr. med. Claus-Henning Köhne, der als Vorsitzender des Fortbildungsausschusses der Bezirksstelle das Vortragsprogram für die Tagung zusammengestellt hatte, begrüßten die rund 120 teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte. Darüber, dass er die Veranstaltung in der Wandelhalle des Kurhauses seit Beginn der Corona-Pandemie das erste Mal wieder in Präsenz eröffnen konnte, freute sich ebenfalls Dr. med. Gilbert Rosar, Ärztlicher Direktor des Bad Zwischenahner Reha-Zentrums am Meer und kündigte an: „Sie erwartet mit der Geriatrie ein wichtiges Thema, bei dem Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen eine große Rolle spielen.“

Moderiert von Professor Dr. Dr. René Hurlemann und Dr. med. Volker Nüstedt – zwei weiteren Vertretern des Fortbildungsausschusses der ÄKN-Bezirksstelle Oldenburg – standen dann die besonderen Herausforderungen, die ältere bis hochbetagte Patientinnen und Patienten an die Behandelnden stellen, im Mittelpunkt des Oldenburger Ärztetags. Zunächst stellte Professorin Dr. med. Tania Zieschang, Direktorin der Universitätsklinik für Geriatrie am Klinikum Oldenburg und Ärztliche Leiterin der Klinik für Geriatrie am Rehazentrum Oldenburg, die „Geriatrische Rehabilitation“ vor: Gemäß dem Motto „Reha vor Pflege“ sei es das Ziel der Reha, „den Patientinnen und Patienten die Partizipation an der Gesellschaft wieder zu ermöglichen.“ In einer Vielzahl der Fälle gelinge es, durch die Rehamaßnahmen, die Pflegebedürftigkeit zu verringern, berichtete Zieschang. Am Schluss ihres Vortrags stellte sie noch eines der besonderen Angebote der Oldenburger Klinik vor: das Perturbationslaufband, auf dem Patientinnen und Patienten üben können, wie es ihnen gelingt zu vermeiden, nach seinem Störimpuls oder Stolpern hinzufallen.

„Die Versorgung älterer Menschen im ambulanten Bereich“ stand dann im Mittelpunkt des Vortrags von Professor Dr. PH Falk Hoffmann vom Department für Versorgungsforschung der Universität Oldenburg. „Mit dem Alter gehen die Zahnarztbesuche zurück“, führte Hoffmann aus und lenkte die Aufmerksamkeit der Zuhörerschaft auf die wichtige Rolle der Mundgesundheit für die Lebensqualität und außerdem auf die Wechselwirkungen zwischen Mundgesundheit und anderen Erkrankungen. Die Ärztinnen und Ärzte im Publikum erinnerte der Forscher daran, dass für Pflegebedürftige mit einem höheren Pflegegrad die Kosten für Krankenfahrten etwa in die Zahnarztpraxis von den Krankenkassen übernommen würden. Im letzten Teil des Vortrags stellte Hoffmann das seit 2019 erprobte Modell des Gemeinde-Notfallsanitäters und die sektorenübergreifenden Effekte dieser Arbeit vor.

Einen Blick in die Zukunft wagte indessen Professor Dr.-Ing. Andreas Hein, Direktor des Departments für Versorgungsforschung der Universität Oldenburg und Vorstandsmitglied bei OFFIS, mit seinen Ausführungen über Assistenzsysteme in der häuslichen Betreuung und Pflege: „Roboterarme könnten zum Beispiel künftig Pflegekräfte dabei unterstützen, Patientinnen und Patienten umzulagern“, stellte Hein eines der Projekte vor, an denen zurzeit in Oldenburg geforscht wird. Über die Alterstraumatologie und die chirurgische Versorgung von geriatrischen Patientinnen und Patienten referierte dagegen Dr. med. Jan-Christian Hotop, Leitender Oberarzt an der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sporttraumatologie am Evangelischen Krankenhaus Oldenburg: „30 Prozent der Frakturen bei Männern und 66 Prozent der Frakturen bei Frauen seien potenziell osteoporotisch bedingt“, informierte der Chirurg und stellte heraus, wie wichtig es sei, mit der operativen Therapie eine belastungsstabile Situation zu schaffen. Zugleich griff er den Nutzen der geriatrischen Rehabilitation auf, indem er berichtete, wie wichtig eine frühzeitige Entlassplanung unter anderem für den Erhalt der Mobilität und Selbstständigkeit der Patientinnen und Patienten sei. In der sich anschließenden Diskussion wurde noch einmal darauf hingewiesen, dass für die adäquate Versorgung der älteren Patientinnen und Patienten mit Schenkelhalsfraktur die enge Zusammenarbeit zwischen Unfallchirurgie und Geriatrie unverzichtbar ist und eine geriatrische Frührehabilitation ein wichtiges Angebot für diese Patientengruppe darstellt.

Ernährungsstrategien zum Erhalt der Funktionalität im Alter stellte ferner Professor Dr. med. Jürgen M. Bauer vor, der den Lehrstuhl für Geriatrie an der Medizinischen Fakultät Heidelberg innehat und Chefarzt des Agaplesion Bethanien Krankenhaus Heidelberg ist. Dabei ging er vor allem auf die Bedeutung der Sarkopenie – des Verlusts von Muskelmasse sowie der Abnahme der Muskelkraft und der körperlichen Ausdauer – ein: Sie ziehe ein erhöhtes Risiko für sturzbedingte Verletzungen nach sich und sei zudem mit einer erhöhten Mortalität in allen Settings verbunden: „Wer wenig isst, hat Muskelabbau“, wies Bauer auf die Relevanz der Sarkopenie und der Malnutrition bei älteren Krankenhauspatienten hin. Am Ende gab der Geriater der Zuhörerschaft den Hinweis mit auf den Weg: „Die Zukunft der Ernährung ist mediterran!“

Während Dr. med. Christiane Först, Leitende Oberärztin der Klinik für Gerontopsychiatrie und Psychotherapie an der Karl-Jaspers-Klinik in Bad Zwischenahn, ein Fallbeispiel aus der Klinik vorstellte, gab Professor Dr. med. Dr. rer. physiol. Gerald Kolb dann ein Update zur „Geriatrischen Onkologie“ im Hinblick auf die individualisierte und personalisierte Medizin: Dabei stellte er das Geriatrische Assessment mit der Beurteilung der psychosozialen und funktionellen Fähigkeiten sowie der Komorbiditäten einer Patientin oder eines Patienten vor und schloss: Erst mit Einbezug dieser geriatrischen Aspekte werde „personalisierte Medizin“ zu einer „Medizin mit Ansehen der Person“.

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