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Hannover,

Ärztekammer Niedersachsen fordert ein Ende des Wildwuchses bei Medikationsplänen

Bislang ist nur der ambulante Bereich zur Nutzung des bundeseinheitlichen Medikationsplans verpflichtet. Hingegen fehlt für Krankenhäuser eine vergleichbare deutliche Vorgabe. Bei der Überleitung aus dem stationären Bereich in die Praxen kommt es so nach wie vor zu einer Vielzahl unterschiedlicher Vorlagen, einschließlich handschriftlicher Dokumentation. Die Folge: Praxen müssen die Medikation unnötiger Weise erneut übertragen – verbunden mit dem Risiko der Fehlübertragung.

Die Delegierten der Kammerversammlung der Ärztekammer Niedersachsen fordern, auch Krankenhäuser zur Nutzung des bundeseinheitlichen Medikationsplans zu verpflichten.

Bereits seit 2016 gibt es den bundeseinheitlichen Medikationsplan. Er sorgt für eine standardisierte und auch elektronisch über die Gesundheitskarte des Patienten beziehungsweise der Patientin verfügbare Dokumentation der verschriebenen Medikamente und ist ab Verordnung von drei Arzneien aufwärts verpflichtend durch den niedergelassenen Arzt beziehungswiese die niedergelassene Ärztin zu nutzen. „Gerade multimorbide Patientinnen und Patienten nehmen oft eine sehr hohe Zahl unterschiedlicher Medikamente ein, deren Einnahme sorgfältig zu begleiten ist und deren Verordnung auch hinsichtlich möglicher Wechselwirkungen exakt erfolgen muss. Der einheitliche Medikationsplan ist hier ein enormer Beitrag zur Patientensicherheit“, betont Dr. med. Marion Charlotte Renneberg, Hausärztin und stellvertretende Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen.

Die Krux jedoch: Bislang ist die Anwendung des bundeseinheitlichen Plans nur für den ambulanten Bereich – also Hausärzte und niedergelassene Fachärzte – verpflichtend. Dagegen ist die verpflichtende Anwendung für den stationären Bereich gerade nicht stringent vorgegeben. Dementsprechend nutzen Krankenhäuser nach wie vor ihre eigenen Vorlagen – bis hin zu handschriftlich ausgefüllten Formularen. Diese unterschiedlichen Pläne müssen dann von den Mitarbeitenden der niedergelassenen Praxis wieder in den bundeseinheitlichen Medikationsplan übertragen werden. „Wir investieren hier viel Zeit in einen bürokratischen Mehraufwand, der uns für die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten an anderer Stelle verloren geht. Und es entsteht ein unnötiges Risiko für die Patientinnen und Patienten, denn eine solche händische Übertragung ist fehleranfällig“, erläutert Dr. med. Katharina-Juliane Kirsche, Hausärztin und Mitglied der Kammerversammlung.

Die 60 Delegierten der Kammerversammlung fordern daher in einer aktuellen, einstimmig beschlossenen Resolution eine Anpassung des auf Bundesebene abgeschlossenen Rahmenvertrages zum Entlassmanagement.

Resolution der Kammerversammlung der Ärztekammer Niedersachsen

Die Kammerversammlung der ÄKN fordert die Vertragspartner für den nach § 39 Absatz 1a SGB V zur näheren Ausgestaltung des Entlassmanagements abzuschließenden Rahmenvertrag auf, diesen Vertrag dahingehend anzupassen, dass der bundeseinheitliche Medikationsplan gemäß § 31a SGB V von Krankenhäusern bei der Entlassung von Patienten (Entlassmanagement nach § 39 Abs. 1a SGB V) verpflichtend verwendet wird. 

Begründung

Ärztliche Behandlungszeit und Zeit von PraxismitarbeiterInnen ist kostbar. Zuviel von dieser Zeit geht verloren, wenn Medikationspläne händisch übertragen werden. Zu häufig ist das notwendig, weil Krankenhäuser beim Entlassen von Patienten nicht den Bundeseinheitlichen Medikationsplan nutzen. Oftmals erschwert die gewählte Form der empfohlenen Arzneimitteltherapie die Übertragung der notwendigen Arzneimitteltherapieangaben in das Praxissystem der niedergelassenen ÄrztInnen und Ärzte, weil sie händisch durchgeführt werden muss. Das kostet Zeit, die anderweitig genutzt werden könnte, schafft unnötig Raum für Fehler und erweist sich damit als Risikofaktor für die angestrebte Arzneimitteltherapiesicherheit.

Die Vertragspartner der Selbstverwaltung, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Kranken- und Pflegekassen können und müssen hier Abhilfe schaffen. Zwar enthält der Rahmenvertrag in der Fassung der 10. Änderungsvereinbarung vom 22.05.2023 bereits Regelungen zur Nutzung des bundeseinheitlichen Medikationsplanes, eine „Soll-Vorschrift“ in § 7 Abs. 3 für eingegrenzte Fallkonstellationen und in § 9 Abs. 3 Spiegelpunkt 9 Vorgaben bzgl. eines nicht näher bezeichneten Medikationsplans. Allerdings sind die Vorgaben nicht weit genug und nicht deutlich genug ausgestaltet. Sie müssen stringenter abgefasst werden, um die Verwendung des bundeseinheitlichen Medikationsplanes nicht nur in der Vertragsärzteschaft, sondern auch durch Krankenhäuser sicherzustellen.

Bildmaterial
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Über die Ärztekammer Niedersachsen
Die Ärztekammer Niedersachsen ist die standesrechtliche Vertretung der mehr als 45.000 Ärztinnen und Ärzte im Flächenland Niedersachsen. Sie nimmt in Selbstverwaltung öffentliche Aufgaben im Gesundheitswesen wahr und erfüllt zugleich weisungsgebunden staatliche Aufgaben. Außerdem setzt sie sich für eine qualitativ hochwertige ärztliche Fort- und Weiterbildung ein und betreut die Ausbildung der Medizinischen Fachangestellten.

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Kontakt

Referat Gesundheitspolitik und Kommunikation
Niko Gerdau
Pressesprecher
Telefon: 0511 3802-2104
E-Mail: kommunikation(at)aekn.de

 

 

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