Mentale und psychische Störungen, Untergewicht, Wachstumsstörungen, Verhaltensstörungen, verminderte Intelligenz – dies sind nur einige der lebenslangen und unheilbaren Folgen, die durch Alkohol während der Schwangerschaft entstehen können. „Die Organe des ungeborenen Kindes sind noch nicht fertig entwickelt und sehr vulnerabel. Der Alkohol wird ungefiltert über die Plazenta von der Mutter auf den Feten übertragen und verursacht dort zum Teil irreparable Schäden“, erläutert Dr. med. Laura Pavel, Mitglied der Kammerversammlung der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) und Ärztin in Weiterbildung zur Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe. Insbesondere das Gehirn reagiert besonders empfindlich auf eine Vergiftung durch Alkohol.
Selbst ein einmaliger Alkoholkonsum während der Schwangerschaft kann Folgen haben. Die hieraus resultierenden neurologischen und psychiatrischen Krankheitsbilder werden unter dem Fachausdruck „Fetale Alkoholspektrumstörung“ (FASD) zusammengefasst. Betroffene Kinder und Erwachsene leiden unter körperlichen und geistigen Störungen und zeigen Verhaltensauffälligkeiten sowie Lernschwierigkeiten. „Wir können FASD-Patientinnen und -Patienten therapeutisch und auch medikamentös unterstützen, aber sie sind ein Leben lang auf Hilfe angewiesen. Die Störungen sind nicht heilbar“, so Angela Schütze-Buchholz, Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin und ebenfalls Mitglied der ÄKN-Kammerversammlung. Die Verantwortung für den Schutz des Fötus sehen die Ärztinnen aber nicht bei den Müttern alleine. „Alkohol ist allgegenwärtig in unserer Gesellschaft und wird zu vielen Anlässen selbstverständlich konsumiert. Das erschwert den Verzicht“, so Pavel.
FASD ist letztlich nur eine von über 200 Krankheiten in Deutschland, für die Alkohol verantwortlich oder an deren Entstehung er beteiligt ist (2). Die Bandbreite reicht von der alkoholischen Lebererkrankung und Alkoholabhängigkeit über verschiedene Krebsarten und Herz-Kreislauferkrankungen bis hin zu Typ-2-Diabetes, Atemwegserkrankungen sowie Verletzungen. In Deutschland starben im Jahr 2016 – neuere Daten liegen nicht vor – an ausschließlich auf Alkohol zurückzuführenden Todesursachen 19.000 Frauen und 43.000 Männer. Dies waren 4 Prozent aller Todesfälle unter Frauen und 9,9 Prozent aller Todesfälle unter Männern (3). „Als Gesellschaft müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir besser mit Alkohol umgehen können. Dazu können mehr Aufklärung und ein höheres Bewusstsein für die Risiken einen Beitrag leisten – aber auch Einschränkungen in der Verfügbarkeit von Alkohol, eine Veränderung der Preisgestaltung sowie die allgegenwärtige Sichtbarkeit in Form von Werbung sind Themen, über die wir sprechen müssen“, betont Dr. med. Martina Wenker, Präsidentin der ÄKN.
Quellen
(1) Kraus L, Seitz N-N, Shield KD, Gmel G, Rehm J. Quantifying harms to others due to alcohol consumption in Germany: a register-based study. BMC Med. 2019.
(2) World Health Organization (2024) Global Information System on Alcohol and Health (GISAH). Alcohol fact sheet. www.who.int/data/gho/ data/themes/global-information-system-on-alcohol-and-health (aufgerufen am 27. August 2024)
(3) Global Burden of Disease 2016 Alcohol Collaborators (2018): Alcohol use and burden for 195 countries and territories, 1990-2016: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2016. Lancet, 392(10152), 1015–1035.
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