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Hannover,

Partydroge Lachgas – noch keine Besserung in Sicht

Lachgas ist in Deutschland uneingeschränkt erhältlich und wird zunehmend als Partydroge konsumiert. Negative gesundheitliche Auswirkungen wie Nervenschäden und psychische Abhängigkeiten treten immer öfter auf. Die Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) fordert zügig bundesweite Einschränkungen für den Handel mit Lachgas.

Große Gaskartuschen ermöglichen missbräuchlichen Konsum: ÄKN-Präsidentin Dr. med. Martina Wenker präsentiert eine Zwei-Kilogramm-Lachgasflasche, ÄKN-Vizepräsidentin Dr. med. Marion Charlotte Renneberg hält daneben eine haushaltsübliche Acht-Gramm-Kartusche.

Im Mai 2024 ging ein Schreck durch Niedersachsen – in einem Snackautomaten in der Nähe einer Realschule in Gifhorn wurde neben Süßigkeiten und Energydrinks auch Lachgas zum Konsum angeboten. Von diesem bemerkenswerten Einzelfall ausgehend wurde schnell offensichtlich: Der missbräuchliche Konsum von Lachgas ist gerade unter Jugendlichen inzwischen weit verbreitet und kann zu schweren gesundheitlichen Schädigungen führen. So wird vor allem die Verwertung von Vitamin B12 bei häufigem Konsum über einen längeren Zeitraum gestört. Als Folge hiervon können Gehirn- und Nervenschäden auftreten. 1 Unter anderem die ÄKN forderte umgehend Verkaufseinschränkungen für Lachgas und sowohl die Landes- als auch die Bundespolitik signalisierten Handlungsbereitschaft.2 

Ein Jahr später ist die Situation jedoch schlimmer als zuvor: Lachgas ist weiterhin frei verkäuflich und die dokumentierten Vergiftungen nehmen weiterhin stark zu. So berichtet das Giftinformationszentrum-Nord (GIZ-Nord) der Universitätsmedizin Göttingen von einem sprunghaften Anstieg von zwei bis drei Fällen durchschnittlich pro Jahr bis einschließlich 2022 auf dann 19 Fälle in 2023. 3 In 2024 stieg die Zahl noch weiter auf insgesamt 48 Fälle. Auch die Schwere der Vergiftungen nahm deutlich zu. „Wir verzeichnen einen ausgeprägten Anstieg der Lachgas-Vergiftungen. Europaweit war dies schon länger zu beobachten, spätestens seit dem vergangenen Jahr ist dieses Problem in Norddeutschland angekommen,“ so Prof. Dr. med. Andreas Schaper und Dr. med. Martin Ebbecke, gemeinsame Leitung des GIZ-Nord. „Wir verzeichnen hier zunehmend auch schwere Vergiftungen mit zum Teil ausgeprägten neurologischen Schäden, mitunter dauerhaft anhaltend.“ Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt inzwischen ausdrücklich vor dem Konsum von Lachgas.4

Begünstigt wird der zunehmende Konsum nach Ansicht der ÄKN durch die hohe und freie Verfügbarkeit von Lachgas. Nicht nur Verkaufsstellen wie Kioske und Supermärkte bieten Lachgas an, gerade auch im Online-Handel wird Lachgas gezielt zum missbräuchlichen Konsum angeboten – beispielsweise direkt zusammen mit Luftballons, Schläuchen oder Mundstücken, die zur Entnahme des Gases aus den Kartuschen notwendig sind. Die Produktbewertungen der jeweiligen Käuferinnen und Käufer sind eindeutig – von „Knockt einen aus“, über „Gut für eine Kleine Auszeit“ bis hin zu „Knallt mehr als die andere Marke, die wir ausprobiert haben“ lauten die Kommentare.

In Hamburg ist der Verkauf von Lachgas an Minderjährige seit Januar 2025 verboten, auch einzelne Kommunen wie beispielsweise Frankfurt am Main und Dortmund oder die niedersächsischen Landkreise Helmstedt und Osnabrück haben den Verkauf bereits eingeschränkt. Die Ärztekammer Niedersachsen fordert weiterhin bundesweite Einschränkungen beim Verkauf von Lachgas. „Es ist augenscheinlich, dass Jugendliche die gesundheitlichen Gefahren von Lachgas unterschätzen. Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hier schnell handeln will. Es ist inzwischen schon viel Zeit verstrichen und dem ansteigenden Konsum muss endlich entgegengewirkt werden“, so Dr. med. Marion Charlotte Renneberg, Hausärztin und stellvertretende Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN).

Insbesondere auch die Verfügbarkeit von deutlich über dem üblichen Haushaltsverbrauch liegenden Gaskartuschen erleichtern den Konsum als Partydroge. So bietet der Handel Gasflaschen mit bis zu zwei Kilogramm Inhalt an – dies entspricht der 250fachen Menge einer Gaskartusche für den klassischen Sahnebereiter im Privathaushalt. „Es besteht kein Zweifel daran, dass diese riesigen bunten Lachgasflaschen in den Händen von Privatpersonen einzig für den Missbrauch vorgesehen sind. Vor dem Hintergrund des zunehmenden gesundheitsgefährdenden Konsums sollten derart große Mengen ausschließlich dem gewerblichen Bereich vorbehalten sein“, so Renneberg.

 

Quellen
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
https://www.gesundheitsinformation.de/was-ist-lachgas-und-welche-folgen-hat-der-konsum.html

2 Pressemitteilung der Ärztekammer Niedersachsen, 17.05.24
https://www.aekn.de/detail/aerztekammer-niedersachsen-fordert-starke-einschraenkungen-beim-verkauf-von-lachgas

3 Pressemitteilung der Universitätsmedizin Göttingen, 17.09.24
https://www.umg.eu/news-detail/news-detail/detail/news/vergiftungen-mit-lachgas-auf-dem-vormarsch

Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung Nr. 016/2025
https://www.bfr.bund.de/mitteilung/lachgas-riskante-partydroge/

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